Zwischen Symbol und Oberfläche – ein Gespräch mit Jenny Hitz Buangam
- R. Giovanoli
- 10. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Die Werke von Jenny Hitz Buangam wirken auf den ersten Blick vertraut – und entziehen sich doch schnellen Zuschreibungen. Zwischen Keramik, Malerei und Installation entstehen Bildwelten, in denen sich Folklore, Symbolik und Gegenwart begegnen. Ausgangspunkt ist dabei oft etwas sehr Persönliches: die Auseinandersetzung mit Herkunft, mit Ritualen, mit kultureller Vieldeutigkeit.
Im Gespräch erzählt sie, wie Mythologie und Aberglaube in ihre Werke finden, warum der Drache als Motiv für sie mehr ist als nur ein Ornament – und was passiert, wenn man Symbolen eine Bühne gibt.

Deine Kunst scheint sich mit Symbolen aus der asiatischen Kultur auseinanderzusetzen. Woher kommt dieses Interesse – und welchen persönlichen oder inhaltlichen Hintergrund hat das für dich?
Meine Mutter stammt ursprünglich aus dem Nordosten Thailands, dem Isan. Ich finde mich immer wieder in der Ambivalenz meiner Herkunft wieder und versuche vor allem, der Kultur meiner Mutter näherzukommen und sie besser zu verstehen. Ich bin mit dem Aberglauben und der Mythologie in meinem Umfeld aufgewachsen und hinterfrage diese nun – alte Rituale und Folklore, und wie diese auch heute noch praktiziert und an der Gesellschaft angepasst werden. Besonders seit Thailand (wie auch viele andere asiatische Länder) in den letzten Jahren grossen Einfluss und Popularität im Westen gewonnen hat.
Der Drache hat – je nach Kultur – eine doppeldeutige Bedeutung. Was war für dich die letzte symbolische Doppeldeutigkeit, die du in deiner Arbeit oder im
Umfeld entdeckt hast?
Ich setze mich im Moment mit der Symbolik des Drachens in verschiedensten Arten auseinander. Einerseits wie dieses Wesen, so wie wir es kennen, seinen Ursprung aus der Mittelalter oder in Asien in der Jungsteinzeit findet, aber bis zur heutigen Zeit nicht an Popularität verliert. Besonders spannend finde ich, wie sich Darstellungen des Drachens von klassischen Medien wie der Malerei hin zu zeitgenössischen Ausdrucksformen verschieben – Filme, Serien, Videospiele und, ganz spezifisch in meinem Werk, Tätowierungen. Mich fasziniert, wie dieses einst hochgeachtete Symbol und seine Bedeutung sich allmählich in eine rein ästhetische Verzierung verwandeln.
Deine Skulpturen wirken auf den ersten Blick wie Karton, sind am Ende aber Keramik – wie etwa die Katze. Wie viel Erklärung braucht das für dich? Oder liegt genau darin die Kunst: dass man selbst denkt und nicht alles erklärt bekommt?
Eine Zeit lang war das Thema des Bühnenbildes oder des Theaters eine grössere Recherche – viele Narrativen, die ich als Inspirations- und Ankerpunkt behandle in meinen Werken, werden heutzutage ebenfalls als Tanz-/Theater oder Musical gezeigt. Die Skulpturen zeige ich hauptsächlich in Kombination mit meinen Gemälden, um gewisse Schlüsselelemente aus den Malereien hervorzuheben oder sogar zu überspitzen. So scheint es, wie als wäre das Symbol in der Zeit eingefroren. Durch die Ästhetik des Kartons entsteht eine Art Trug – es gaukelt etwas vor, was es eigentlich nicht ist – so wie ein Requisit.

Was war deine letzte Erkenntnis im Kunstbetrieb – als Künstlerin, aber vielleicht auch als Beobachterin?
Ich mag es, wenn sich KünstlerInnen mit einem ganz spezifischen Nischenthema auseinandersetzen und sich bis ins kleinste Detail darin vertiefen – das bringt eine gewisse Frische und Ungezwungenheit in die Werke, was sie gleichzeitig sehr persönlich macht. Wir sind uns so an einen schnellen Rhythmus gewöhnt, dass es sehr faszinierend ist, wenn man sich dann die Zeit nehmen kann, sich wirklich mit dem Kontext und der Materie auseinanderzusetzen.
Wer sich mit den Werken von Jenny Hitz Buangam beschäftigt, wird feststellen: Es geht hier nicht nur um kulturelle Zitate oder identitäre Zuschreibungen. Es geht um Verwandlung – von Kontext in Form, von Erinnerung in Oberfläche, von Bedeutung in Bild.
Vielleicht ist das der eigentliche Kern zeitgenössischer Kunst: Nicht Antworten zu illustrieren, sondern Ambivalenzen sichtbar zu machen. Nicht die Herkunft zu wiederholen, sondern sie neu zu befragen. Still. Konsequent. Und ohne den Zwang zur Erklärung.
Denn manches spricht – gerade dann – am deutlichsten, wenn es sich dem eindeutigen Zugriff entzieht.
Mehr Einblicke auf Instagam unter @jenny.hitz
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